Dank ihrer einzigartigen Lage verbindet die Türkei die großen Märkte Europas und Asiens. Auf der logitrans in Istanbul haben wir mit zwei Kollegen gesprochen, die den Markt seit Jahren kennen: Oktay Güngör (Sales Manager) und Çağatay Cengiz (Leiter Service Delivery).

Die Türkei ist ja ein echtes Tor zwischen Europa und Asien. Wohin entwickelt sich der Markt – und welche Rolle spielt die RCG dabei? 

Oktay: Der eurasische Korridor wird in den nächsten Jahren wieder stark an Bedeutung gewinnen. Darum investiert die Türkei massiv in die Infrastruktur – etwa in eine künftige Eisenbahnverbindung über die Yavuz-Sultan-Selim-Brücke. Der bereits heute viel genutzte Marmaray Tunnel – durch den Güterzüge vom europäischen Teil der Türkei bis nach Asien fahren können – ist allerdings durch den Personenverkehr stark ausgelastet, weshalb Güterzüge derzeit nur nachts fahren. Ziel ist es, diese Engpässe zu reduzieren – teilweise mit Unterstützung internationaler Partner wie der EU oder der GUS Staaten.

Wenn wir auf unsere Services schauen: Was macht die RCG am türkischen Markt besonders stark?  

Çağatay: Unsere TransFER Verbindungen bilden das Rückgrat unserer operativen Abläufe. Das sind unsere regelmäßigen Züge nach fixem Fahrplan. Timing ist entscheidend – und trotz gelegentlicher Verzögerungen an Grenzübergängen wie Kapıkule bleiben unsere Laufzeiten stabil. Mit Tracking & Tracing und Echtzeit-Updates sorgen wir für Transparenz und Verlässlichkeit. Am Ende zählen für unsere Kunden vor allem drei Dinge: Kosten, schnelle Lieferung und ein reibungsloser Informationsfluss. 

Oktay: Unsere stärksten Verbindungen sind ganz klar TransFER Budapest–Istanbul und TransFER Sopron–Istanbul. Budapest dient als Hub – von dort erreichen wir Wels, Duisburg, Zeebrugge und viele weitere Regionen. Das größte Volumen bewegen wir allerdings zwischen Sopron und Istanbul. 

Und was passiert, wenn mal etwas nicht nach Plan läuft? 

Çağatay: Dann reagieren wir schnell und pragmatisch. Wir finden Alternativen bei Staus, nutzen andere Routen oder passen Prozesse kurzfristig an, um Störungen abzufedern. Bei Equipment und Sonderladungen sind wir ebenfalls flexibel – auch für sperrige oder spezielle Güter finden wir passende Lösungen. 

Welche Branchen bieten in der Türkei besonders viel Potenzial – und warum? 

Oktay: Die Türkei ist ein bedeutendes Produktionsland für Halbfertig- und Fertigwaren. Nehmen wir zum Beispiel ein Auto: Der Motor kommt aus Schweden, der Motorblock aus Österreich, der Stahl aus der Türkei – und damit erfolgt die Endproduktion auch hier. Im konventionellen Wagenverkehr erzielen wir den größten Umsatz mit den Branchen Baustoffe und Stahl. Produkte wie Zement, Walzstahl, Bewehrungsstahl oder Dämmstoffe sind per Lkw schwer transportierbar – ein Zug ersetzt hier 40–50 Lkw auf Europas Straßen. Das bringt enorme Kostenvorteile für Unternehmen. 

Çağatay: In der Automobilindustrie zählt jede Minute. „Just-in-time“ funktioniert nur mit verlässlichen und planbaren Lieferketten. Das bieten wir. Auch bei Stahl und Baustoffen punkten wir mit Ganzzugslösungen. Bei Konsumgütern und Lebensmitteln sind oft kurze Laufzeiten und flexible Fahrpläne entscheidend – auch da passen wir Equipment und Taktung an saisonale Schwankungen an.

Wow, ein Zug ersetzt bis zu 50 Lkw. Das ist ein starkes Argument für die Schiene. Womit überzeugen wir Kunden noch, sich für die RCG zu entscheiden? 

Oktay: Mit wettbewerbsfähigen Preisen, hoher Kapazität mit bis zu 36 45-Fuß-Containern pro Zug, weniger Unfall- und Schadensrisiko als auf der Straße und schnellen Grenzprozessen. Während Lkw am Grenzübergang Kapıkule oft tagelang warten, passieren unsere Züge die Grenze innerhalb von 12 bis 24 Stunden. 

Çağatay: Dazu kommt der Umweltvorteil. Der Bahntransport ist die klimafreundlichere Alternative zur Straße und zum Seeweg und das wird für viele Unternehmen immer wichtiger. Wir überzeugen außerdem durch stabile Laufzeiten, verlässliches Kapazitätsmanagement, effiziente Grenz- und Zollprozesse und Flexibilität in der operativen Umsetzung.

Welche Themen standen bei euren Gesprächen auf der logitrans Istanbul 2025 im Vordergrund?

Oktay: Das zentrale Kundeninteresse bleibt der Preis. Der Markt ist transparent, viele wissen genau, welche Anbieter wohin fahren. Für uns bedeutet das: noch effizienter werden und gleichzeitig mit Servicequalität punkten. Ein weiterer Punkt ist Cross-Selling: Wenn ein Kunde mit einem Service zufrieden ist, baut das Vertrauen auf. So entstehen langfristige Partnerschaften – viele unserer Kunden sind seit über zehn Jahren bei uns.

Zum Schluss: Was nehmt ihr für 2026 mit?

Oktay: Flexibilität, Kostenstabilität und transparente Kommunikation bleiben entscheidend. Gleichzeitig sehen wir große Chancen, unser Netzwerk weiter auszubauen und unser intermodales Angebot in Richtung Asien und Nahost noch stärker zu verknüpfen.